30. Juni 2008

Landis und ein Ende is'

Klappe zu. CAS hat gesprochen. Floyd Landis hat gedopt. Das Labor hat akzeptabel gearbeitet. Die Versuche seiner Anwälte, die Arbeit der Dopingfahnder zu diskreditieren, verdienen was auf die Augen. Wir sehen uns wieder im Januar 2009, wenn die zweijährige Sperre des Amerikaners ausläuft und er zum ersten Mal seine schon nicht mehr ganz neue, künstliche Hüfte unter Wettkampfbedingungen testen kann. Wir haben das Thema so ausgiebig durchgekaut, dass die pauschale Empfehlung an alle, die es nacharbeiten wollen, lautet: Es möge die Versatzstücke aus dem American-Arena-Archiv nachlesen, wer noch immer nicht genug hat. Von Landis.

Kunst und Katharsis

Am Tag danach hat in Deutschland eine Bestandsaufnahme stattgefunden, die angesichts der Geschwindigkeit, mit der diese Texte entstehen müssen, schlichtweg erstaunlich ist. Vor allem, wenn man die Gravitas berücksichtigt, die sich bei solchen Gelegenheiten einschleicht. Das muss man sich mal vorstellen: Da hat die liebste Mannschaft der Nation ein Match mit dem knappsten aller Ergebnisse mit 0:1 verloren. Und schon setzt es Analysen, die so tun, als sei Zeit für Katharsis.

Das Verlangen ist immer das Gleiche. Es entspringt dem Impuls einer enttäuschten Kritikergemeinde, die sich gewöhnlich sehr sachverständig und wohlwollend mit dem Fußball im Großen und im Kleinen beschäftigt. Aber nach den wochenlangen sorgenvollen Blicken über den Zaun am Rand des Mannschaftslagers im Tessin und dem permanenten Lugen durch die Ritzen dieses inszenierten Schweigens, bei dem jede Pressekonferenz und jedes Round-Table-Gespräch absolut nichts Neues produziert, mag der Kritiker nicht länger zurückhalten mit den Vorbehalten. Denn er weiß es und hat es schon immer gewusst, dass diese Niederlage symptomatisch und wegweisend zugleich war: "Die Probleme sind fundamentaler." (Ralf Köttker in der WELT). Vermutlich gibt es da nämlich mehr als jene "inneren Widersprüche und sportlichen Defizite" im Team, die Philip Selldorf (Süddeutsche Zeitung) erspäht hat. Mehr als den Irrglauben im Führungskader der Auswahl, wonach "Spiele schon allein aufgrund spielerischer und taktischer Klasse" gewonnen werden können (Michael Horeni in der FAZ). Es muss da noch irgendwo unter dem Rasen von Wien eine tiefe Wahrheit über die deutsche Mannschaft geben. Und die muss ausgebuddelt werden.

Nennen wir es den deutschen Reflex. Auch so eine Tugend wie die anderen, die im Rest der Welt gerne sterotyp den Nachkommen der Germanen zugesprochen werden. Und zwar Reflex im doppelten Sinne – als Nervenimpuls und als Ableitung von "Reflexion". In dem vorliegenden Fall gehören dazu Betrachtungen über Handlungsbedarf, allerlei Beschwerden, der Gestus des Analytischen und bei manchen auch das Insinuieren (etwa von massiven internen Meinungsunterschieden, die niemals als positiv bewertet werden. Meinungsunterschiede sind nach einer landläufigen Basisannahme professioneller Kritiker einfach Gift. Dialektik? Nein, danke.).

Wer vergessen hat, was Heinrich von Kleist mal in diesem Zusammenhang geschrieben hat, dem sei es noch einmal in Erinnerung gerufen: "Wir sehen, daß in dem Maße, als in der organischen Welt die Reflexion dunkler und schwächer wird, die Grazie immer strahlender und herrschender hervortritt." Der Umkehrschluss ist in diesem Zusammenhang noch reizvoller: Je mehr man bei der Betrachtung des Showgeschäfts aufs Nachdenken und auf Bespiegelungen verfällt, desto mehr verliert man den Blick für die Aufführung selbst.

Bei der Darbietung der deutschen Fußballer am Sonntag in Wien wäre dann doch wohl als allererstes mal festzuhalten, dass die Männer in Weiß-Schwarz wirklich nur Statisten waren. Mit anderen Worten: Sich mit ihnen zu beschäftigen und ihre mimischen Darbietungen zu charakterisieren oder auch noch gar zu interpretieren, wäre mithin so aussagestark wie die Kritik einer Aufführung der Verdi-Oper Nabucco, die sich hauptsächlich dem Gefangenenchor und seinen Mitgliedern widmet. In einem solchen Ensemble machen auch ganz ordentliche Sänger mit, aber um eine Analogie zu benutzen, die dem dogfood von allesaussersport abgeluchst ist: Im Chor landen jene, "die nicht die Werkzeuge und die Spielintelligenz" haben, "die im Spiel sich stellenden Probleme zu lösen": ein Solo hier, ein verdammt hohes C dort, eine Theatralik, die überzeugt, Timing, Einvernehmen mit dem Dirigenten des Orchesters etc.

Vielleicht klingt das komisch. Aber sollte man sich an einem solchen Tag nicht zuerst und überhaupt nur mit den wirklichen Stars auf der Bühne beschäftigen? Und herausfiltern, wo bei denen die Musik spielt und mit welchem Singsang die arbeiten? Auf der Suche nach deutschsprachigen Beiträgen, die sich vor und nach dem Finale mit dem spanischen Kunstwerk beschäftigen haben, konnte man tatsächlich so einiges lernen (Vielleicht kapieren es die nächste deutsche Nationalmannschaft und der DFB und der Jogi noch rechtzeitig vor der kommenden WM, vielleicht auch nicht):

"Tatsächlich ist Spaniens Kurzpassfußball allenfalls auf den ersten, oberflächlichen Blick selbstverliebt. In Wirklichkeit wissen sie ihn taktisch exzellent einzusetzen....Keine Elf bei der EM ließ weniger Torchancen zu...." Ronald Reng in der Financial Times

"Wir haben diesen Kader seit vielen Jahren verfolgt... Fàbregas machte als U17-Spieler bei einer unserer Endrunden erstmals auf sich aufmerksam. Wir haben verfolgt, wie die spanische Mannschaft den letzten U17-Wettbewerb in der Türkei gewonnen hat und es war eine der besten Leistungen, die ich je von einer Jugendmannschaft gesehen habe. Die Spanier werden weiterhin versuchen, die nächste Generation weiterzuentwickeln.....Man muss den Spanischen Fußballverband loben. Sie haben mit viel Arbeit und Einsatz die Spieler weiterentwickelt. Gestern Abend haben sie an ihrer Philosophie festgehalten, sie haben nicht versucht, etwas zu ändern. Sie sind nicht besonders groß gewachsen, deshalb muss man schnell, intelligent und technisch begabt sein.... Ihre Spielweise ist fantastisch kreativ. Es geht dabei um technische Qualitäten, Ballbesitz, brillante Kombinationen, und die Fähigkeit, selbst unter enormen Druck den Ball behaupten." Andy Roxburgh, Technischer Direktor der UEFA.

"Sie beherrschen unterschiedliche Formen des Angriffspiels. Als Konter-Kombinierer sind sie zu überfallartigen Angriffen genauso in der Lage wie zu geduldigen Passfolgen, bis ein Loch in der gegnerischen Abwehr gefunden ist. Ja, die Mannschaft von Aragonés kann sogar das schnelle und langsame Spiel in einem Angriffszug miteinander verbinden, den frühen Pass und den ganz späten." Christoph Biermann auf SpOn.

"Wir sind die Besten!“ tönt das Sportblatt Marca. „Klar schaffen wir das!“, heißt es bei As, Unterzeile: „Spanien erhebt den Fußball in den Rang der Schönen Künste.“ Dort also wollen sie hin, ins Museum, in die Kulturgeschichte. Ein höheres Ziel hatte noch niemand." Paul Ingendaay, FAZ.

29. Juni 2008

Kappen-Theater in Boston

Man sollte meinen, die Leute in Boston hätten größere Sorgen. Aber nein, in diesem Sommer sind Hüte das Thema. Baseball-Kappen, um genauer zu sein. Oder um es noch besser zu formulieren: pinkfarbene Kappen mit dem Logo der Boston Red Sox. Es ist schwer zu erklären, welche Form von Purismus diese Debatte ausgelöst hat: die pedantische Sorte, die misogynistische, die nostalgische oder einfach nur die brunstblöde. Weshalb es sich für Neugierige empfiehlt, sich erst einmal gut einzulesen in den Stoff.

Die Baseball-Saison geht derweil trotzdem ungestört weiter. Mit Leuten wie Zack Hample auf den Tribünen, dessen Leidenschaft darin besteht, bei Major-League-Spielen Bälle zu fangen und mit nach Hause zu nehmen. Die Nachrichtenagentur AP glaubt tatsächlich ohne einen Hauch von Skepsis, dass er seine Sammlung von fast 4000 Bällen auf diese Weise zusammengetragen hat. Ja, Mensch, Warhol, wer hätte gedacht, dass man seine 10 Minuten Ruhm auf eine so billige Weise erwerben kann?

28. Juni 2008

Jeder Schuss ein Treffer

Und hier die Antwort auf die Frage, weshalb die Franzosen die größte Enttäuschung der Europameisterschaft 2008 waren: weil sie solche Jungs zuhause in Montpellier lassen, statt sie ins Team einzubauen.

via The Beautiful Game

Quoten hoch dank Euro

Der Hinweis auf diesen Post kam von Kommentator sunny2k1 bei allesaussersport, verdient aber vielleicht noch mehr Beachtung. Denn die Essenz lautet: die Live-Übertragungen von der Fußball-Europameisterschaft in den USA waren ihren Einsatz wert. Alle Begegnungen gingen bei ESPN und seinen unterschiedlichen Kanälen über den Sender, zwei (inklusive des Finales am Sonntag bei der Network-Schwester ABC.

Warum ist das wichtig?

Erstens, weil die treibenden Kräfte bei ESPN International, die sich seit Jahren sachte, aber sicher in den europäischen Markt vortasten, ihren Bossen bei Disney dokumentieren können, dass Fußball funkt, selbst wenn keine amerikanische Mannschaft mitmacht. Die Quoten sind auch deshalb nicht von Pappe, weil man sie nachmittags an Werktagen einfahren konnte und weil man an einem Tag sogar die Golf-Konkurrenz geschlagen hat.

Zweitens, weil auch dieser Zyklus (nach der Arbeit während der WM vor zwei Jahren) gezeigt hat, dass man sich in der Beschäftigung mit Fußball endgültig von dem Bild eines imaginären Zuschauers gelöst hat, der nichts von Fußball versteht. Auch wenn Co-Kommentator Andy Gray im Studio in Bristol in Connecticut saß, gab er einen sachverständigen Eindruck. Der Schotte, an dessen ausgeprägten Akzent sich Amerikaner gewöhnen mussten und der sonst in England die Premiere League mitüberträgt, repräsentiert einen neuen Standard für USA-Fernsehen. Das kam an und fiel auf.

Drittens, so etwas stärkt die Hand von ESPN, sollten sie ernsthaft um die Fernsehrechte der Premier League mitbieten. Und erst recht, falls sie sie bekommen und die Spiele in den USA ausstrahlen (mal abgesehen davon, was sie in Europa mit den Rechten anstellen würden, ob sie die weiterreichen oder eigene Kanäle aufbauen oder existierende Läden wie DSF aufkaufen). Wie sich die Begeisterung der Amerikaner für Fußball entfachen lässt, konnte man im letzten Jahr mit dem Auftauchen von David Beckham sehen. Der Hollywood-Paparazzi-Lärm rund um seinen Wechsel ist zwar inzwischen abgeflaut. Aber LA Galaxy hat noch immer zuhause die Bude voll. Die Mannschaft spielt besser und wird in den Playoffs sicher wieder mehr Leute neugierig machen. Bilder aus der Premier League (wie jetzt schon aus der Champions League), erhöhen das qualitative Angebot im Fernsehen für jene Amerikaner, die Fußball mit Sachverstand verfolgen (davon gibt es immer mehr) und legt den Schalter endgültig um – weg von der dümmlichen Theorie, dass man auf dem Niveau eines Peripher-Zuschauers arbeiten muss.

Viertens: Im nächsten Jahr gibt es eine Neuauflage der Frauen-Profiliga. Das hat direkt überhaupt nichts mit der EM zu tun, aber indirekt eine Menge. Frauen sind in den USA das Reservoir schlechthin für das Interesse an der Sportart. Denn die amerikanischen Frauen spielen im sportlichen Weltmaßstab eine Rolle und verfügen über hervorragenden Nachwuchs.

Trotzdem ist die Resonanz von der EM ein wenig durchwachsen. Man schaue sich nur mal den Erfolgs-Blog The Big Lead und seine Prognose für die Viertelfinalbegegnungen an: Da lag man so daneben wie schon gar nicht mehr danebener geht. Vier Spiele und vier falsche Vorhersagen spricht nicht für Kompetenz.

27. Juni 2008

Patrioten und Söldner

Rick Carlisle, der neue Trainer der Dallas Mavericks war vor ein paar Tagen in Würzburg, um sich noch etwas besser mit Dirk Nowitzki und seinem Privat-Coach und Manager Holger Geschwindner anzufreunden. Dem Reporter der Dallas Morning News hatte er hinterher nur gute Dinge zu berichten. Vor allem darüber, mit welchem Fleiß der deutsche Nationalspieler an sich arbeitetet und mit welchem Ernst er die Qualifikation für die Olympischen Spiele betreibt. "Er muss das nicht machen. Aber es ist eine patriotische Angelegenheit und ein Traum. Und ich drücke ihm wirklich die Daumen."

Spox hat ein langes Interview mit einem anderen Coach: Dirk Bauermann. Daraus erfahren wir, dass die Causa Kaman inzwischen bei Bundesinnenminister Schäuble auf dem Tisch gelandet ist. US-Bürger Kaman von den Los Angeles Clippers bewirbt sich um die deutsche Staatsangehörigkeit im Eilverfahren und wird als effektive Verstärkung für die Mannschaft betrachtet. Wenn er seine Papiere nicht vor Athen (14. bis 20. Juli) erhält, nutzt das allerdings wenig. Die Qualifikation ist die größte Hürde für die deutsche Mannschaft, denn nur drei kommen weiter. Theoretisch kann man eine positive Entscheidung im Hochdruck-Verfahren für jemanden, dessen Urgroßeltern aus Deutschland ausgewandert sind, nur bemängeln. Den Mann verbindet nichts mit dem Land seiner Vorfahren, und er wird nicht dort leben. Er ist nicht mehr als ein billiger Söldner.

Aber solche gibt es mehr denn je. Man betrachte die Aufregung in den USA rund um die WNBA-Spielerin Becky Hammon, die als Vaterlandsverräterin diffamiert wird, weil sie die russische Staatsangehörigkeit angenommen hat und in der russischen Nationalmannschaft in Peking spielen wird. Sie spielt zwar neun Monate im Jahr in Moskau in einem Club, spricht aber kein Wort Russisch und betrachtet die Entscheidung aus einem rein geschäftlichen Blickwinkel. Anders als bei Kaman, der nie auch nur ernsthaft für das US-Männerteam im Gespräch war, wirkt Hammons Entscheidung wie eine Ausflucht. Sie war – wenn auch relativ spät – in eine Vorauswahl berufen worden und verzichtete darauf, sich mit ihren Landsleuten um die zwölf Positionen im Kader zu messen. Die Frau spielt hervorragend. Sie war im letzten Jahr in der WNBA zweite in der Wahl zum MVP.

Hauert: Tief im Keller

Bettina Hauert endete nach zwei Tagen bei den US Open am unteren Ende des Tableaus und dürfte den Trip nach Minnesota in die Akte "Außer Spesen nichts gewesen" einordnen. Die deutsche Profi-Golferin landete auf dem 143. Platz (von 156 Teilnehmerinnen) und befand sich unterhalb der Cut-Linie in guter Gesellschaft: Laura Davies, Natalie Gulbis, Sophie Gustafson, Juli Inkster, Carin Koch – alles Mitstreiter und Gegner aus dem Solheim-Cup – schieden ebenfalls aus. Die Veranstaltung könnte sich am Wochenende zu einer koreanischen Meisterschaft entwickeln. Von den 30 (in Worten: dreißig) Frauen aus Asien, die an den Start gegangen waren, flogen nur neun raus. Die im Klassement führende Angela Park stammt auch aus Korea ab, startet aber für Brasilien. Die aus Korea stammende Michelle Wie, die einen amerikanischen Pass hat, darf wie Hauert vorzeitig nach Hause fahren.

Nash macht's möglich

Mehr als man jemals über das Fußball-Spiel von NBA-Spieler Steve Nash und seinen Freunden und Gästen hätte herausfinden wollen: Die Blogger von Unprofessional Foul waren da (in Chinatown in Manhattan), haben Text und Fotos und fanden es "absolutely fucking wonderful". Ein Kommentator schickte das Link zum Video, das CNN produziert hat. Übrigens: Thierry Henry kam tatsächlich.

Shaqs Show


Shaquille O'Neal hat neulich seinen Ex-Mitspieler Kobe Bryant bei einem Rap-Auftritt in New York als Arschkriecher lächerlich gemacht. Die Geschichte machte nachrichtlich bereits die Runde. Hier das Video, das der Videoweb-News-Anbieter TMZ aufgespürt hatte. Als Dreingabe die Geschichte des leicht angeditschten Verhältnisses der beiden, die vor drei Jahren getrennte Wege gingen. O'Neal gewann in Miami den NBA-Titel. Bryant versuchte in diesem Jahr nachzulegen. Er scheiterte an den bärenstarken Boston Celtics. Shaq spielt inzwischen in Phoenix, ein Wechsel, der seiner neuen Mannschaft nicht gut tat. Die Suns trennten sich von Trainer Mike D'Antoni, der einen neuen Job bei den New York Knicks fand.

Höher, schneller, härter

Die Wissenschafter beim amerikanischen Pharmakonzern Pfizer haben vor langer Zeit eher zufällig herausgefunden, dass der Wirkstoff, den sie eigentlich Herzpatienten verabreichen wollten, ganz vielen Männern mit Potenzproblemen hilft. Sie nannten das Produkt Viagra und gingen in die Werbung. Seitdem bekommen wir alle mehr Spam und probieren Athleten aus, ob es ihnen ihre Wettkampfleistung steigern kann. Es gibt erste Untersuchungen, die andeuten, dass zum Beispiel Radrennfahrer mit Hilfe dieser Droge mehr aus sich herausholen können (was aber noch nicht erklärt, wie Lance Armstrong an Frauen wie Sheryl Crow und Kate Hudson kommt). So viel steht fest: Der Stoff steht nicht auf der Dopingliste.

26. Juni 2008

Der Film zur NBA-Draft

Die New York Times hat noch einen hübschen Hinweis im Zusammenhang mit der NBA-Draft, die keine großen Überraschungen produzierte. In New York läuft in dieser Woche ein Dokumentarfilm in den Kinos an, der das Milieu der High-School-Talente beschreibt: Gunnin’ for That #1 Spot. Hauptfiguren: Michael Beasley, der als Zweiter von den Miami Heat verpflichtet wurde, Kevin Love, der als Fünfter an die Memphis Grizzlies ging und Jerryd Bayless, an 11 von den Indiana Pacers gezogen. Hier ein Ausschnitt über Kevin Love.

Nachtrag: Love wurde noch in der Nacht an die Minnesota Timberwolves weitergereicht. Im Tausch für O. J. Mayo. Der Tausch war tatsächlich ein Hauch komplizierter und betraf insgesamt acht Spieler.

Draft-Tag mit vielen Querpässen

Brook Lopez ging mit dem zehnten Pick zu den New Jersey Nets, sein Zwillingsbruder Robin als Nummer 15 zu den Phoenix Suns. Und beide waren zufrieden. Wer in der ersten Runde der NBA-Draft gezogen wird, hat erst mal ausgesorgt. Ob die Golferin Michelle Wie ebenso gut gelaunt war, ließ sich in der Eile nicht ermitteln. Anzunehmen ist es nicht. Nach ihrem respektablen Resultat bei den Ladies German Open außerhalb von München produzierte sie heute bei den US Open eine häßliche Kennziffer. Dank eines Super-Dooper-Fünffach-Bogeys am vierten Loch (eine neun an einem Par 4) kam sie mit einer 81 ins Clubhaus. Sie liegt auf Platz 146 von 156 Teilnehmern (Bettina Hauert liegt drei Schläge besser auf Platz 124 und hat zumindest theoretisch noch eine Chance auf den Cut).

Was hat Wie mit der NBA zu tun? In den USA nennt man das Dating. Was viel und wenig heißen kann, solange keiner der beiden - weder Michelle noch Robin - offiziell zum Stand der Dinge Stellung nimmt. Das Foto in diesem Blog aus dem März kann man nur als Scheinbeweis bezeichnen. Wo soll ein so langer Lulatsch wie der ehemalige Center von Stanford seinen Arm hintun, wenn er neben einer nicht gerade kleinen Frau bei einer Veranstaltung sitzt und sie sich an ihn lehnt? Aber, der fleißige espn.com-Kolumnist Andy Katz hat neulich Robin gefragt und herausgefunden, dass zumindest mal etwas an der Klatschgeschichte dran gewesen sein muss. Derzeit befinde sich die Beziehung in einem Schwebezustand.

Das ist sicher auch das beste Wort für Mannschaften wie die New Jersey Nets, die nach Jason Kidd (jetzt in Dallas) heute Richard Jefferson abgaben, um sich den Chinesen Yi Jianlian aus Milwaukee zu holen, der damit endlich in die Nähe einer ordentlichen Chinatown zieht – in Lower Manhattan. Sein neuer Kollege, Robins Zwillingsbruder Brook, ebenfalls ein Center, gilt übrigens als der bessere und fleißigere der beiden Lopez-Burschen. Das Wort Schwebezustand könnte man auch auf die New York Knicks anwenden, die das Kunststück fertig brachten, den Sohn eines ehemaligen Mannschaftskameraden des neuen Trainers zu verpflichten. Das liegt daran, dass Coach Mike D'Antoni einst in Mailand spielte, wo ein gewisser Vittorio Gallinari sein Nebenmann war. Der Trainer denkt europäisch und will Tempo spielen, etwas was die New York Daily News heute schon vorausgeahnt hatte. Und so kam's Danilo Gallinari, ein 19-jähriger Small Forward, ging an Nummer sechs weg.

Aber die Michelle-Wie und die Italian Connection waren nicht mal hübscheste Verbindung der NBA in andere Bereiche. Das Attribut repräsentierte gestern Kevin Love. Sein Vater Stan spielte vier Jahre in Baltimore und bei den Lakers in der Liga. Sein Onkel Mike Love ist der Sänger der Beach Boys.

Radio: Den Dampfplauderern geht die Luft aus

Wer glaubt, dass die neue Welt der Online-Medien nur die Tageszeitungen durchschüttelt, wo immerhin parallel neue Jobs in den langsam wachsenden und aufblühenden Web-Redaktionen entstehen, der sollte sich mal mit der Zukunft von Radio beschäftigen. Und zwar hauptsächlich mit sogenanntem Talk-Radio, was in den USA in den letzten zwei Jahrzehnten in den Themengebieten Politik und Sport enorme Erfolge verbuchen konnte. Langsam zeichnet sich ab, dass dort das Eis immer dünner wird. Und man darf davon ausgehen, dass wieder mal die Blogger – ungewollt und indirekt – zu den treibenden Kräften gehören. Warum ist das so? Die amerikanischen Sportblogger absorbieren mittlerweilee einen enormen Teil der Neugier von jungen Leuten, die vielleicht sonst das Radio anhätten, um sich ihren täglichen Fix an Gossip und Geschwätz abzuholen. Die Sender können allenfalls dort mit Zuspruch rechnen, wo Radio seine letzte Zuflucht gefunden hat: bei den Autofahrern auf dem Weg von und zur Arbeit. Aber diesen Zeiten dominieren bereits andere - Entertainer und Seriöse wie NPR. Der Verdrängungswettbewerb im Kampf um die Quote dürfte demzufolge für eine starke Verschlankung sorgen. Um Mike and the Mad Dog von WFAN in New York wäre es wirklich nicht schade. Die beiden Jungs sind so etwas von enervierend, dass man sich ihren Abgesang schon seit langem wünschen durfte.

Da war doch noch was: das NFL-Spiel in London im Oktober

Die NFL bemüht sich weiter darum, ihre Abstecher nach Europa zu promoten. Vor ein paar Tagen war deshalb Reggie Bush von den New Orleans Saints in London. Falls es jemand vergessen haben sollte (so wie ich): die Saints spielen in Wembley gegen die San Diego Chargers. Das Vorab-Interview mit dem Running Back kann man auf der Seite des Guardian lesen. Vorsicht: Wirklich spannende Dinge kamen nicht zur Sprache (außer jemand entwickelt bereits ein Gefühl von Aufregung bei der Erwähnung von Kim Kardashian, die einen Namen als Privatporno-Darstellerin besitzt. Was der Interviewer vom Guardian dezent zu erwähnen unterließ. Genauso wie den Hinweis auf den Termin. Also holen wir das hier nach: 26. Oktober, bitteschön.

Beruf: Super Fan

Es gibt im amerikanischen Mannschaftssport einen neuen Job: Super Fan oder auch Stimmungskanone. Eine Position für Leute mit schauspielerischen Ambitionen, geringem Selbstwertgefühl und Lust auf ganz viel Red Bull, um damit vor jedem Auftritt das Hirn unter Strom zu setzen. Die Aufgabe wird momentan noch sehr gut bezahlt. Mit 2000 Dollar pro Spiel. Mal sehen, wie sich die Honorare nach unten entwickeln, wenn sich mehr Leute melden, nachdem sie diese Geschichte über Cameron Hughes gelesen haben (via withleather).

25. Juni 2008

Hauert ist nach Interlachen zumute

Die Golferin Bettina Hauert ist nicht gut in Form in diesem Jahr. Der Abwärtstrend begann beim Solheim-Cup, bestätigte sich bei einem Abstecher nach Kalifornien und setzte sich 2008 bei den Turnieren der LET (Ladies European Tour) fort. Wenn man dadurch vom Radarschirm rutscht, fällt natürlich auch keinem auf, dass die Frau aus Hagen bei den US Open antritt, eines der vier Majors für die Frauen. Die finden auf dem wunderschönen alten Platz des Interlachen Country Club in Edina/Minnesota statt. Hauert hatte sich im letzten Jahr qualifiziert - als Zweite auf der LET-Geldrangliste. Das ist lange her. Zur Zeit steht sie auf Platz 109.

Der Klingelbeutel: Die etwas anderen Spielchen

• Wir haben Fußball in New York. Gleich nach dem Match zwischen Deutschland und der Türkei.

• Carmelo Anthony wurde von den Denver Nuggets für zwei Spiele gesperrt, weil er neulich nachts von der Polizei angehalten wurde – mit zuviel Promille in der Birne. Das hat keinen Einfluss auf seine Mitwirkung bei den Olympischen Spielen. In China gelten sowieso andere moralische Prinzipien. Natürlich wird die Sperre nur dann wirksam, wenn die Nuggets ihn behalten. Die Trade-Gerüchte allerdings sind unüberhörbar. Mehr über die US-Olympiamannschaft (mit einer phantastisch fiesen Überschrift: "Die beste Bronzemedaille, die man für Geld kaufen kann").

• Das Leben in Alabama kann so langweilig sein. Da schafft man sich sein eigenes Entertainment, in dem man sich zu Beispiel als Lehrerin intensiv um die Jungs von der Baseballmannschaft kümmert. Ob sie nicht gewusst hat, dass auf so etwas eine hohe Gefängnisstrafe steht? Wir reden von 20 Jahren.

Statt College: Als NBA-Aspirant nach Europa

Die zusammengestöpselte amerikanische Basketball-Welt hat einen der engsten Flaschenhälse, den man sich vorstellen kann: die Draft der NBA. Da kommen jedes Jahr 60 Spieler durch. Aber für 18-jährige, frisch von der High School, ist der Hals noch enger. Von denen kommt keiner durch. Denn Commissioner David Stern hat vor ein paar Jahren eine Altersgrenze eingeführt. Warum? Das Experiment mit den Schulabgängern Kobe Bryant und Kevin Garnett war schlichtweg zu gut gelaufen. Und so tauchten ganz viele neue Aspiranten auf. Aber auf jeden LeBron James, der noch vor der neuen Regelung durchrutschte, kommt so mancher Kwame Brown, der einfach nichts reißt. Ganz abgesehen davon nehmen die jungen Talente dem sehr populären College-Basketball die letzte sportliche Legitimität und damit auf Dauer womöglich auch die Luft und das Fernsehgeld zum Atmen.

Stern würde am liebsten das Altersminimum um ein weiteres Jahr hochschrauben. Denn tatsächlich spielen sich dieser Tage im College-Basketball absurde Szenen ab. Die Universitäten werden von Jung-Stars mit Potenzial ganz bewusst danach ausgesucht, wo der PR-Effekt und die Sprungbrett-Situation am ertragreichsten ist. Und nach einem Jahr zieht der Jung-Spunt von dannen. Nicht selten unter Hinterlassung dubioser Spuren, die den Amateurgedanken an den Hochschulen untergraben (siehe hier).

Dass sich die Sportler so verhalten, kann man verstehen. Sie kommen oft aus armen Verhältnissen und können sich ein College-Stipendium gar nicht leisten. Denn an der Universität werden einem zwar die teuren Studiengebühren erlassen, und man muss nichts für die Unterbringung und das Essen in der Mensa bezahlen. Aber was ist mit einem Taschengeld für Auto, Ausgehen, iPod, Tätowierungen und was sonst noch zum Lifestyle gehört? Wenn die Eltern nichts übrig haben, muss der Stipendiat neben seinem Trainingspensum und Studium auch noch arbeiten gehen. Das mache man mal einem 18-jährigen schmackhaft, der weiß, dass er als Profi theoretisch mehr als 1 Million Dollar pro Saison verdienen kann.

So ist denn auch keine Überraschung, dass der erste 18-jährige mit der Idee flirtet, das Übergangsjahr in Europa zu verbringen. Dort bezahlt man zwar nicht so viel wie in der NBA, aber genug zum Überleben. Solche existenziellen Überlegungen wirken in den Ohren von altväterlichen Sportkommentatoren wie Defätismus. Komisch eigentlich, diese Einschätzung. Kommt nicht inzwischen der Großteil des guten Basketballnachwuchses sowieso aus Europa? Könnten die Jungs dort nicht womöglich noch etwas lernen?

Im Sektor College-Baseball läuft übrigens auch nicht alles rund. Hier ein paar Informationen und Überlegungen zum Thema "Wieso spielen da fast nur Weiße, wenn fast ein Drittel aller Profis in den Major Leagues aus Mittel- und Südamerika kommen?"

24. Juni 2008

Tag der deutschen Einheit

Eigentlich sollte man den 25. Juni noch rasch zum Tag der deutschen Einheit ausrufen. Oder was wäre sonst zum Fußball-Länderspiel Deutschland-Türkei ernsthaft zu sagen? Vermutlich aber bleibt das ein Traum. So wie in anderen Ländern, wo es ähnlich schlecht um die Integration von Migranten bestellt ist. Fußball bringt zusammen. Und Fußball trennt. Es wird statt dessen wahrscheinlich wieder eine Nacht des Autokorsos werden, eine neue Form der Stimmungsmache, die im Land der Fackelzüge und Lichterketten endlich wenigstens eine Minderheit integriert, die sonst immer zu kurz kommt: die Übergewichtigen. Die können hier bequem mitmachen.

Extempore Anfang: Und die Dicken nehmen zu. Ich habe letzte Woche in Carson, der Teilstadt von Los Angeles, in der David Beckham seinem Beruf nachgeht, zum ersten Mal kapiert wie viele es mittlerweile in einigen Teilen der USA sind. An einem etwas größeren Tisch in einem ganz normalen Restaurant saß mittags eine Gruppe von neun, von denen sieben extrem übergewichtig waren (ich schätze: 50 bis 80 Prozent über Normalgewicht). Beim Rest der Gäste lag der Anteil der Fettleibigen, denen man ansieht, wie schwer ihnen das Gehen fällt, bei 50 Prozent. Das kann nicht gesund sein. Aber ich schweife ab. Extempore Ende.

Wie kommt man von dort zurück auf EM-Fußball – Deutschland gegen Türkei? Das will ich sagen: Ich musste bei meinen letzten Reisen ins Sauerland den McDonald's von Meinerzhagen ansteuern, weil man anderswo nicht mit seinem Laptop ins Netz kommt. Widerwillig ansteuern. Denn McDonald's gehört nicht zu meinem Speiseplan. Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass, was in Carson die Schwarzen sind, in Meinerzhagen die Türken sind – jene Bevölkerungsgruppe, die in der Fast-Food-Welt den größten Teil der Bedienung und einen großen Teil der Besucher stellt. Auffallend viele attraktive sind darunter (und nicht annähernd so viele, die aus dem Leim gehen, wie sie das in Kalifornien tun), also Menschen, von denen man denken würde, dass es ihnen leicht fallen sollte, sich in einem so überschaubaren Provinznest mitten in Deutschland in einen neuen Orientierungsrahmen hineinzufinden und sich als Deutsche zu fühlen. Sollte man meinen. Ist aber nicht so.

Was wurde aus dem besten Fußballspieler, den Meinerzhagen je hervorgebracht hat? Ein Mitglied der türkischen Nationalmannschaft, der in Basel nicht im Kader ist, weil der Trainer auf alte Leute setzt. Der Bursche heißt Nuri Sahin, ist bei Borussia Dortmund unter Vertrag und spielt bei Feyenoord Rotterdam, an die er ausgeliehen wurde, weil Trainer Bert van Marwijk ihn haben wollte.

Wenn man ein bisschen herumgoogelt, findet man einen wirklich bescheuerten Werbefilm von Nike mit Sahin, in dem der Hang gezeigt wird, auf dem der 19-jährige als kleiner Junge herumgekickt hat. Ich weiß, wo der Hang ist: schräg gegenüber von McDonald's, in dem Dreh, wo sich auch der Fußballplatz des örtlichen Vereins befindet. Aber der Hang von Nuri Sahin führt ihn in eine andere Richtung. So schreibt er auf seiner deutschsprachigen Webseite: "Bei meinem ersten A-Länderspiel hieß der Gegner ausgerechnet Deutschland, und dann habe ich auch noch ein Tor erzielt: Das war einfach Wahnsinn! Ich konnte es gar nicht fassen, dass ich ausgerechnet gegen den großen Oliver Kahn ein Tor gemacht habe. Ich konnte nicht mehr denken vor lauter Glück."

Und ich kann nicht mehr denken vor lauter Verwirrung. Wer hat dieses Talent aus den Klauen des DFB gelassen? Wer hat ihm gesagt, dass seine Zukunft und seine Identität in einem Land liegt, das er nur von Ferienreisen her kennt? Bestimmt nicht der Bürgermeister von Meinerzhagen. Der war sogar neulich bei der Hochzeit in Düsseldorf dabei.

Es ist schwierig – das mit der deutschen Einheit. Wie sagte die Filmschauspielerin Sibell Kekilli in einem Interview in der ZEIT auf die Frage: "Nuri Sahin, der Jungstar von Dortmund, ist in der Türkei ein Star, weil er sich gerade gegen die deutsche und für die türkische Nationalmannschaft entschieden hat. Was könnte dafür den Ausschlag gegeben haben?"
"Wenn der Vater noch den türkischen Pass hat, türkisch eingestellt ist wird er natürlich sagen: Mein Kind spielt für unser Land, obwohl es in Lüdenscheid lebt. [Hinweis: Sahin wurde in Lüdenscheid geboren wie fast alle Kinder aus Meinerzhagen und wird dort großspurig als Sohn der Stadt geführt, aber dort ist er nicht aufgewachsen]. Da sind aber zum Teil auch die Deutschen schuld. Ich merke das auch immer wieder. Anfangs habe ich nur türkische Rollen angeboten bekommen. Mir wurde sogar schon ein Drehbuch zugeschickt und dazu geschrieben: Wir haben für dich die Rolle in eine Türkin umgewandelt. Fragt man mich, ob ich das möchte? Wo leben wir denn? Ich kann perfekt Deutsch. Seitdem ich in der Öffentlichkeit stehe, merke ich es noch mehr. Es heißt immer, ich sei Türkin oder Deutschtürkin. Aber als wir den Goldenen Bären gewonnen haben, war es dann eher doch deutsch. Die Erfolge werden immer gerne mitgenommen. Ich fühle mich da immer mehr ausgeschlossen."

Nuri Sahin wird vermutlich in der kommenden Saison wieder in Dortmund sein. Sein Mentor übernimmt die niederländische Nationalmannschaft. Mit anderen Worten: Die Zeit bleibt nicht stehen. Nicht mal in Meinerzhagen, wo sie beinahe einen deutschen Nationalspieler hervorgebracht hätten. Aber die Integration tritt auf der Stelle.

Absprung zum Establishment

"The Times They Are A-Changin'" ist eine ziemlich berühmte Zeile und auf vieles anzuwenden. Auch auf die Los Angeles Times, eine der auflagenstärksten Zeitungen der USA. Das Blatt baut Personal ab, um bei sinkender Auflage und abnehmenden Anzeigenumsätzen auch weiterhin Umsatzrenditen von oberhalb der 10 Prozent zu erwirtschaften. Da wirft man dann schon mal redaktsionsintern neugierig ein Auge nach draußen auf den Rest des Medienalltags und stellt beruhigend fest: The times they are a-changin' - bei den Sportbloggern, die nach zwei Jahren kantenscharfem kreativen Daseinskampf mit einer neuen Entwicklung fertig werden müssen - mit Erfolg und Beachtung (sicher bald auch mit Umsatzrenditen). Und mit dem Weiterwandern des qualifizierten Personals in andere, etablierte Abteilungen des Medienbetriebs.

So verlässt Will Leitch Deadspin, nachdem er die Seite mit seinem Dreh und enormer Energie zur Nummer eins gemacht hat. Er geht zu New York Magazine, einer Urmutter des Stadtillustrierten-Formats, deren journalistische Kompetenz umumstritten ist. Dort lebt man - noch - von der Printausgabe, zumal sie Programminformationen aus dem New Yorker Kulturleben enthält, die man zwar genausogut online abgreifen kann, aber nirgendwo so übersichtlich dargeboten findet (es sei denn man kauft TimeOut, der anderen Urmutter, die einst in London gestartet wurde und seit mehr als zehn Jahren auch in New York existiert). Es handelt sich dabei um Programminformationen, die ein anzeigenträchtiges redaktionelles Umfeld bieten.

Leitch hat vor dem Abgang erst mal gemeckert, weil ihm an dem Artikel in der Los Angeles Times die Logik besonders eines dort zitierten Bloggers (Big Lead's Jason McIntyre) nicht gefällt: Dass man als erfolgreicher Blogger anders an seine Arbeit herangeht - vorsichtiger und sicher auch weniger streitbar und angreifbarer. Wills Attacke ähnelt einer Politdiskussion im Fernsehen. Da werden oft Sachen gesagt, um etwas Gegensätzliches loszuwerden.

Tatsächlich sind die Trends unabsehbar. So wie Leitch abwandert zum Establishment werden auch Sportblogs demnächst zum Teil des Medienestablishments werden. Und als solche werden sie erstens die spitze Feder weglegen und vor allem nicht mehr frechweg irgendwelche haltlosen Gerüchte streuen. Das Problem ist simpel. Man wird nicht ernst genommen, wenn man nicht seriös arbeitet. Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit sind nun mal die wichtigsten Währungseinheiten im Medienbetrieb.

Blick zurück: Leitch und die Frage der Qualität
Blick zurück: Leitch, der Selbstvermarkter
Blick zurück: Leitch und Mark Cuban und der Zutritt von Bloggern in der Umkleidekabine
Blick zurück: Leitch und sein Erzfeind ESPN

23. Juni 2008

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Die Zeitschrift NEON hat in ihr neuesten Ausgabe (Juli 2008) eine kleine Wundertüte abgepackt - und zwar mit wirklich überraschendem Inhalt: Die Überschrift lautet "Die 55 besten Blogs der Welt". In der Abteilung Sport gehört Trainer Baade dazu (neben allesaussersport, Direkter Freistoss und Jens Weinreich). Und der Trainer war so liebenswürdig zu erzählen, dass es auch American Arena in die Auswahl geschafft hat. Das beste daran: die hiesige Blogroll muss gar nicht geändert werden. Die anderen vier sind bereits seit langem gelinkt. Nummer fünf sagt "Danke".

22. Juni 2008

Wenn die andern feiern

Am 10. Oktober 2006 stand hier unter der Überschrift "Keiner kennt Kaymer - dabei wird es höchste Zeit" ein erster Beitrag über einen "phänomenalen jungen Golfer", dessen Potenzial von erstaunlich wenigen Experten in den Medien erkannt wurde. Wie sich die Zeiten ändern.

Es ist einfach, nach dem Erfolg von heute in Eichenried, dem 23-jährigen eine bemerkenswerte Karriere zu bescheinigen. Schließlich steht er nach dem zweiten Sieg auf der European Tour mit knapp 1 Million Euro Preisgeld auf Platz 7 und wird morgen im Weltranglisten-Computer unter die Top 30 klettern. Also werden in dieser Nacht sicher viele euphorische Schlagzeilen gedrechselt. Und dabei wird erneut von einem Senkrechtstarter geredet werden (was er genau genommen nicht ist, sondern ein langsam, aber sicher nach oben steigendes Ausnahmetalent) . Und natürlich auch vom Ryder-Cup. Ab jetzt werden fleißig Reiseanträge für Louisville eingereicht. Und der arme Mann wird mit noch mehr Interview-Wünschen überhäuft werden.

Wie er diesen Ansturm übersteht, wird sich zeigen. Ich tippe mal, nachdem ich ihn und seinen Manager in diesem Jahr bei zwei wichtigen Turnieren in Arizona und Kalifornien erlebt und interviewt habe, dass in der Zukunft die Nachfrage noch sehr geschickt (und sehr freundlich) abgefedert wird. Das Gute für Kaymer: Meistens spielt er irgendwo da draußen in der Welt, wo ihm kaum jemand von deutschen Gazetten hinterherreisen wird. Dafür wird selbst in einem Land mit 80 Millionen Medienverbrauchern kein Geld ausgegeben. So wird er sich vor allem mit dem erwachenden Interesse aus anderen Ländern beschäftigen. Dort bohrt die Zunft nicht halb so tief. Trotzdem fördert sie erstaunliche Dinge zutage. So las man in der Online-Ausgabe der International Herald Tribune eine AP-Geschichte mit Dingen, die sich nicht mal mit der guten Fußball-Online-Datenbank fußballdaten.de abgleichen lassen. Wahrscheinlich weil der Reporter nicht weiß, was eine zweite Division ist. Vater Horst sei Zweitliga-Fußballer gewesen, heißt es da. Irrt die Datenbank?

Die Nachricht aus München freut einen. Wann erlebt man das schon mal, dass man aus der Ferne ein ungewöhnliches Talent erspäht, dann beständig weiter verfolgt, ihn irgendwann ausgiebig interviewt und dabei nichts anderes feststellt als das: der Junge ist auf einem guten Weg? Spätestens wenn man sieht, dass andere bereits die Überschriften kopieren ("Bei Kaymer keimt Hoffnung" - das Orginal steht hier), fragt man sich, ob man nicht seine Schuldigkeit getan hat. Was gibt es jetzt jenseits des ständigen News-Gewäschs über einen zu berichten, der erst in zwei Jahren das Zeug haben wird, um sein erstes Major zu gewinnen? Ich tippe mal: sehr wenig von Belang. Jetzt sind die Gossip-Blätter an der Reihe, um die unbedeutenden Informationen aus dem Umfeld einzusammeln - über die kranke Mutter, die Freundin namens Jenny, den Großvater, der angeblich Boxer war etc. Solche Dinge haben mich noch nie sonderlich interessiert. Obwohl sich dazu leicht das eine oder andere ausfindig machen lässt.

Mit anderen Worten: In American Arena wird Martin Kaymer ab heute nicht mehr als Priorität behandelt, so wie in den letzten 18 Monaten. Er hat's geschafft. Er ist jemand. Glückwunsch.

Blick zurück: Das Kaymer-Porträt im Deutschlandfunk.

18. Juni 2008

Tiger Woods: Dieses Jahr kein Golf mehr

Tiger Woods wird in dieser Saison an keinem Turnier mehr teilnehmen. Das hat vor wenigen Minuten AP gemeldet, nachdem der beste Golfer der Welt auf seiner Webseite die Nachricht bekannt gab. Das linke Knie ist nach den US Open mehr als ramponiert. Ein kaputtes Außenband (schon seit einem Jahr demoliert), zwei Ermüdungsbrüche im Wadenbein (neulich erlitten) rechnen sich zu einem ganz erheblichen Sachschaden hoch. Wieder sollen Ärzte ran. Also jene Berufsgruppe, auf deren Ratschläge der Weltranglistenerste so ungerne hört. Und dann ist erst mal Rehabilitation angesagt. Mit anderen Worten: Erstmals seit Beginn seiner Profi-Karriere werden wir Woods nicht bei den British Open, nicht bei der PGA Championship und nicht im Ryder-Cup erleben. Und was danach kommt? Wer weiß?

Übrigens geistert mir schon seit Tagen diese komische Erinnerung an Steffi Graf durch den Kopf. Deren letztes Match habe ich damals auch gesehen. In La Costa, nur ein paar Kilometer von Torrey Pines entfernt. Als sie damals die Tasche packte, erklärte sie, dass sie ihren verletzten Oberschenkel auskurieren und dann weiterspielen wolle. Daraus wurde nichts. Woods hat allerdings noch Ziele: Er hat erst 14 Majors gewonnen und steht damit um vier hinter Jack Nicklaus in der ewigen Bestenliste. Ehe er nicht Platz eins geschafft hat, wird er keine Ruhe geben.

17. Juni 2008

Sonderzug nach Leipzig, bitte

In der Kneipe schräg gegenüber kommt Elvis Costello über die Lautsprecher, liegt mexikanisches Essen auf dem Teller, schwappt Weizenbier der Marke Pyramid, gebraut nach bayrischer Art, im Glas und läuft Basketball im Fernsehen. Die Los Angeles Lakers im sechsten Match der Finalserie spielen in Boston. Bei einem solchen Mix von Eindrücken soll man noch wissen, wo man sich eigentlich befindet? Aber das passiert einem bei Reisen an die linke Küste der USA schon mal. Besonders, wenn das Programm dicht gedrängt ist. Gestern war noch Golf in San Diego. Das Stechen bei den US Open über insgesamt 19 Löcher, das Tiger Woods gewann, den wir wegen seines angeschlagenen Knies so schnell nicht wiedersehen werden. Die Zeit zwischendurch in der Wüste in Palm Springs, wo die Temperatur um diese Jahreszeit auf 44,5 Grad steigt und man denkt, man sei in einem Backofen. Interview mit einem der großen Leichtathleten in der Geschichte des Sports (mehr darüber vor den Olympischen Spielen). Dann der Trip nach Carson, was zur endlosen Agglomeration Los Angeles gehört (so ausgedehnt wie das Ruhrgebiet).

Von Carson hat man nur deshalb gehört, weil der gute alte Herr Anschutz hier ein Fußball-Stadion gebaut hat, in dem David Beckham seine Heimspiele austrägt. Eingeklemmt zwischen einer der großen Autobahnen, die hier Freeways genannt werden, und einem IKEA lässt sich einigermaßen preiswert und akzeptabel im Hotel wohnen. 80 Dollar pro Nacht sind wirklich nicht schlecht. Aber man tut sich schwer, sich zu orientieren.

Kollege Chuck Klosterman scheint sich leichter zu tun. Er schrieb für das Monatsmagazin Esquire (Juli-Ausgabe) eine Kolumne aus Leipzig, wohin man ihn als Gastdozenten eingeladen hat. "Seit meiner Ankunft in Leipzig wurde ich ständig daran erinnert, wie Deutsche amerikanische Kultur einschätzen. Sie haben im wesentlichen das Gefühl, dass es nicht existiert." In seinem Text versucht er, diese Betrachtungsweise ad absurdum zu führen. Schwer zu sagen, ob es ihm gelingt. Die Fajita-Pfanne bei Chili's und das Hefeweizen waren überzeugender.

Wenn jetzt noch die Lakers das Spiel in Boston gewinnen, wäre mir noch wohler. Es wäre ein Beleg mehr für die These, dass amerikanische Kultur, künstlich hergestellte Kultur, wie Klosterman das nennt, tatsächlich existiert - auf einer Endlos-Schleife. "Es fühlt sich alles austauschbar an", schreibt der gute Chuck über seine Heimat aus Leipzig, wo sich ganz bestimmt nichts austauschbar anfühlt. Sonderzug nach Leipzig bitte.

16. Juni 2008

Nach dem Putt zum Patt: Montagsgolf in Torrey Pines

Gestern abend mussten einige kurzfristig ihre Flüge und und Hotels umbuchen. Tiger Woods hatte in Torrey Pines mit dem letzten Putt auf dem letzten Grün ein Stechen erzwungen. Und Stechen bei den US Open heißt: eine neue Runde am Montagmorgen über 18 Löcher mit den Spielern, die nach den regulären vier Runden gleichauf an der Spitze liegen. Die Pressekonferenzen der beiden hätten nicht unterschiedlicher verlaufen können. Erst kam Rocco Mediate an die Reihe, der schon an normalen Tagen so wirkt, als müsse man seinen Mund verkorken, um ihn abzuschalten, und der in einem Bad aus Euphorie schwamm, weil er direkt gegen den besten Golfer auf dem Planeten antreten kann. Dann der unterkühlte Woods, der erstmals mit der Frage konfrontiert wurde, ob sein linkes Knie nicht vielleicht auf immer im Eimer ist, aber auswich. Mediate und Woods spielen zur Zeit da draußen am Rand der Klippen nördlich von San Diego den amerikanischen Meister aus. Für Woods geht es um Major Nummer 14. Für Mediate um seine einzige und sicher letzte Chance, eines der bedeutendsten Turniere der Welt zu gewinnen. Vier Tage lang hat Rocco, der am Abschlag 30 Meter auf Woods verliert, so präzise gespielt, dass er sich Chancen auf einen Sieg ausrechnen durfte. Heute morgen fliegen die Bälle nicht mehr so gerade. Prognose? Schwer. Woods hat in den ersten vier Runden vor allem auf den ersten neun Löchern stark gespielt und nach hinten im Schnitt schwer gekämpft. Mediates bessere Hälfte kommt noch. Wenn es am Ende der Runde noch immer remis steht, gibt es ein Sudden-Death-Playoff.

15. Juni 2008

Lakers und der grüne Klee

Man ist versucht, den seltsamen Kollaps der Los Angeles Lakers im vierten Spiel der Finalserie gegen die Boston Celtics als klares Anzeichen dafür zu bewerten, dass der Mannschaft das gewisse Etwas fehlt. Wer lässt sich schon in einem so wichtigen, vorentscheidenden Match derartig ratlos die Butter vom Brot nehmen? Doch wohl nur ein Team mit Mängeln, oder? Verzeihung, aber das ist alles relativ und wahrscheinlich nur eine Frage der Wahrnehmung. Das fängt schon damit an, dass die Lakers bis zuletzt auf eine Weise über den grünen Klee gelobt wurden, dass sie vermutlich angefangen haben, selbst daran zu glauben. Das geht weiter damit, dass viele Mannschaften auf Resultat spielen, wenn sie mit großem Vorsprung führen. Das kann aber auch ins Auge gehen. Gerade im Basketball, wo das Tempo so hoch ist und die rechnerische Kraft von Dreiern so massiv das Gefühl für die sich entwickelnde Dramatik beeinflussen kann. Auch die Celtics sahen in solchen Situationen schon ziemlich dumm aus - zum Beispiel in der Serie gegen die Detroit Pistons.

Die einzige eindeutige Information, die sich aus der Niederlage herauslesen lässt, hat mit dem Timing zu tun. Dieser Tage wird viel davon gesprochen, dass NBA-Schiedsrichter am Ausgang der Begegnungen herumbasteln. Entweder weil man den Verdacht hat, dass sie mit Wetten ihr Gehalt verbessern wollen oder dass die Liga Regieanweisungen gibt. Eine NBA, die manipuliert, hätte den Celtics in Spiel vier nicht den Sieg gegeben, sondern den Lakers, um die Sache offen zu halten und die Serie möglichst auf sieben Partien auszudehnen. So kann der Titel schon heute nach Boston gehen. Natürlich müssen sie erst mal gewinnen. Und deshalb bleibt es spannend.

Kaymer: Neue Ziele nach dem Cut

Der nächste enorme Schritt auf der Karrierleiter für Martin Kaymer war der Cut am Freitag. Nachdem er das wichtigste Ziel dieser Reise geschafft hatte, fand er auch Samstag einen Weg, sich entspannt und konzentriert zugleich auf 18 schwierige und abwechslungsreiche Golflöcher einzustellen. US-Open-Plätze sind extrem schwer, was an der Mischung aus der Ur-Architektur und der Präparierung liegt. Der South Course von Torrey Pines, auf dem an normalen Tagen jeder Amateur spielen kann (für 45 Dollar Green Fee, wenn man in San Diego und Umgebung lebt), wurde vor ein paar Jahren von Rees Jones noch einmal gründlich überarbeitet. Ein Teil der Grüns wurde hochgepuffert und mit einem stärkeren Gefälle ausgelegt. Dazu kommen viele tiefe Bunker, ein Kragen aus hochstehenden Halmen und eine Grassorte für die Puttfläche, die unter den Metallspikes der Profis während einer Runde so sehr leidet, dass die Bälle am Abend bei den letzten schon mal holpern und hüpfen, statt sanft auf einer Linie zu rollen.

Das und die engen Fairways, die von einem Rough eingerahmt werden, das in drei Mähstufen auf Länge gehalten wird (je weiter weg von der Mittelachse desto tiefer), und ein bisweilen kräftiger Wind vom Pazifischen Ozean erhöhen noch den Schwierigkeitsgrad und belohnen vor allem jene Spieler, die vier Stunden lang bei jedem Schlag hochkonzentriert sind, die Bedingungen in jeder Ball-Lage richtig einschätzen und sich nicht von irgendwelchen Pannen aus der Ruhe bringen lassen. So schob Martin Kaymer am Samstag auf seiner dritten Runde auf den erstne beiden Grüns Par-Putts aus etwa einem Meter knapp am Loch vorbei und war den ganzen Tag lang nicht in der Lage, diese leichten Fehler auf der Scorekarte wieder wettzumachen. Er spielte eine 73 - zwei über Par.

Aber bei den US Open kämpft jeder mit Schwierigkeiten. Bogeys gehören zum Alltag. Und so rutschte Kaymer um drei Plätze in der Zwischenwertung nach oben - von 22 auf 19. Was eine neue interessante Zielvorgabe für die abschließende Runde von heute ins Visier brachte: Die besten 15 qualifizieren sich automatisch für das US Open des nächsten Jahres in Bethpage außerhalb von New York.

12. Juni 2008

Kaymer: "Keine Angst, nur Respekt"

Die US Open ist das dritte Turnier in diesem Jahr, bei dem Martin Kaymer auf die komplette Weltspitze trifft. Und das zweite nach dem Matchplay-Event in Tucson in Arizona, das hier aus nächster Nähe abgehandelt werden kann. Und ich meine: ganz nah. Eine Handvoll von akkreditierten Golfjournalisten erhalten bei Turnieren die sogenannte Inside-the-Ropes- Armbinde. Das heißt, sie müssen nicht hinter der Absperrung mit den Zuschauern um einen Spalt kämpfen, von dem aus sie etwas sehen. Sie marschieren innerhalb der Demarkation mit der Spielergruppe ihrer Wahl mit.

Als er in Tucson am Start war, habe ich auf dem Platz nur die beiden letzten Bahnen gesehen. Dann schied er aus. Wir haben uns anschließend wie geplant zum Interview zusammengesetzt. Das große Porträt erschien vor ein paar Wochen in der Zeitschrift Capital (nicht online). Die Radioversion lief im Deutschlandfunk. Diesmal wird er zumindest zwei Runden abwickeln. Die erste beginnt um 1:47 Uhr Ortszeit, also um 22:47 Uhr MEZ (Premiere überträgt live, wieviel sie von Kaymer bringen, ist von hier aus nicht abzuschätzen.)

Live-Bloggen wird es also nicht geben. Denn da draußen auf dem Platz gibt es keine WiFi-Anschlüsse, nur im Pressezentrum. Die Zusammenfassung des Tages wird dann am Samstag in der FAZ erscheinen, bei der im Moment online alles auf Fußball abgestellt ist. So lief der Vorbericht heute auch nur in der gedruckten Ausgabe. Schwerpunkt: die wachsende Belastung für den 23jährigen, der vor einem Monat nicht nach Florida zur Players Championship flog, weil er sich lieber eine Auszeit von der vielen Reiserei nach Amerika nehmen wollte. Seine Einschätzung von den US Open schickte er mir vor ein paar Tagen per E-Mail: "Das ist sehr, sehr schwer den Cut hier zu schaffen. Ein sehr gutes Teilnehmerfeld und ein schwerer Platz. Aber wie in Augusta habe ich keine Angst, nur Respekt."

8. Juni 2008

NBA-Finalserie: Nostalgie plus Star-Power

Natürlich gab es in den letzten Tagen ein paar Dinge zu der Finalserie der NBA zwischen den Lakers und den Celtics zu sagen. Hier zwei Ausschnitte aus Texten für die FAZ – beide liefen in der gedruckten Ausgabe, wurden aber nicht online berücksichtigt. Heute abend gibt es Spiel Nummer zwei in der Serie, die nach einer Simulation mit NBA Live 09 in sieben Begegnungen an die Lakers gehen wird. Bill Russell hat Kelvin Garnett fürs Fernsehen (ESPN)neulich schon mal vorsorglich getröstet ("You're my favorite player to watch. And you never disappointed me.")


Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
von heute, 8. Juni

"Von dem alten Kontrast im Spielstil der beiden Teams ist nichts geblieben. Die Lakers waren mit ihrer Showtime-Offensive und ihrem Hollywood-Publikum stets auf Entertainment bedacht, während die Celtics eher nüchtern und eckig spielten. Trotzdem etikettieren viele Beobachter die herbeigesehnte Finalserie als Neuauflage der alten Rivalität. Die Sentimentalität zeigt Wirkung. Nachdem die Liga in den letzten Jahren, in denen die San Antonio Spurs regelmäßig mit ihrem methodischen Basketball den Goldpokal holten und die Einschaltquoten massiv absackten, machte allein die Aussicht auf eine Lakers-Celtics-Serie in den ersten Play-off-Runden Millionen von Zuschauern neugierig. Im Vergleich zum vergangenen Jahr stiegen die Zahlen um mehr als zwanzig Prozent. Der Trend nach oben dürfte nicht nur an der Grundkonstellation liegen - eine Best-of-seven-Serie zwischen zwei populären Mannschaften von der West- und der Ostküste - und auch nicht an den nostalgischen Erinnerungen der älteren Fans. Der größte Reiz besteht in den Protagonisten auf dem Spielfeld. Da ist auf der einen Seite Kobe Bryant, der unbestritten populärste Spieler der NBA, der nach einem Sommer, in dem er das Team verlassen wollte, dank der Verpflichtung des Spaniers Pau Gasol einen erstklassigen Nebenmann erhalten hat und zum Führungsspieler gereift ist.

Auf der anderen Seite: Kevin Garnett, der beste Allround-Spieler in der NBA, der nach Art eines braven Kärrners jahrelang in Minneapolis seine Mitspieler mitschleppte, ohne auch nur je in die Nähe eines Titels gekommen zu sein. Sein Wechsel nach Boston war die spektakulärste Spielertauschaktion der vergangenen zwanzig Jahre. Eingerahmt wird der defensivstarke Reboundspezialist von den beiden erfahrenen und wurfstarken Mannschaftskameraden Ray Allen und Paul Pierce, die ebenfalls noch nie ihr ganzes Können zeigen konnten, weil sie noch nie im Finale standen."

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. Juni

"... anders als Bryant, der in seiner Karriere bereits dreimal Meister war, haben die drei sich und ihren Fans noch eine Menge zu beweisen.Wie viel, das können sie jeden Abend beim Blick hinauf unter die Decke der Halle sehen. Da oben hängen, schön ordentlich aufgereiht, wie Wäsche auf der Leine, jede Menge Stofftücher. Auf einigen steht jeweils das Jahr, in dem die Celtics in der 62-jährigen Geschichte der NBA Meister wurden - 16 Mal, so viel wie kein anderes Team. Die anderen tragen die Namen ehemaliger Spieler, deren Rückennummer aus Respekt vor ihrer Leistung offiziell aus dem Verkehr gezogen wurde.

Keine Mannschaft hat im Laufe der Jahre auf diese Weise so viele Profis geehrt wie die Boston Celtics. Von 00 bis 35 wurde so gut wie jede Zahl zu den Akten gelegt. Als vor sechzehn Jahren die 33 von Larry Bird in einer speziellen Feierstunde unters Dach gehievt wurde, hatte kaum jemand gedacht, dass der Traditionsklub, sportlich gesehen, am Ende der Fahnenstange angekommen sei. Man rechnete mit ein paar Jahren des Wiederaufbaus, um rasch an die Glanzzeiten anzuknüpfen. Doch daraus wurde nichts. Mit dem Abgang von "Larry Legend" begann in Boston eine lange Durststrecke.

Dass die in diesem Winter endlich zu Ende ging, liegt nicht nur an Kevin Garnett, der mit der 5 eine der wenigen niedrigen Nummern trägt, die die Celtics noch frei haben. Es liegt auch an Kevin McHale, dessen 32 ebenfalls unter Decke hängt. Der ist heute Manager der Minnesota Timberwolves und bot in dieser Funktion im letzten Sommer seinem alten Klub das Kernstück für eine neue Ära an. Jenen All-Star Kevin Garnett nämlich, dessen Karriere unter McHales Aufsicht eher bescheiden verlaufen war."

7. Juni 2008

Ankündigung: American-Arena-Umzug geplant

Kleine Vorwarnung an die Adresse von Stammlesern: Demnächst wird American Arena umziehen und eine neue Domain erhalten. Nach fast 1700 Posts bei Blogger (sprich Google) und ein paar Layout-Veränderungen ist einfach die Zeit gekommen, das Blogspot-Laufställchen zu verlassen. Ob bei der Umstellung das Archiv mitwandert, hängt von dem webtechnischen Geschick des Bloggers ab (eher beschränkt) und davon, was WordPress von dem hält, was es verspricht ("Import"). Falls jemand da draußen die Großzügigkeit besitzt, mit kundigem Rat zur Seite zu stehen, bitte melden. Feed-Kunden werden rechtzeitig darüber informiert, wo und wie sie demnächst abonnieren müssen. Das Ziel ist, diesen Unterhaltungsdampfer noch etwas schicker und handhabbarer zu präsentieren. Demnächst mehr...

Keiner will zu den Bulls

Irgendwann nach dem Abschied von Michael Jordan muss sich in der NBA das Gefühl breit gemacht haben, dass ein Wechsel zu den Chicago Bulls kein guter Karriereschritt ist. Sonst wäre nicht Mike D'Antoni neulich von einer Quasi-Zusage abgesprungen und zu den New York Knicks gegangen. Und sonst hätte Doug Collins nicht zu Club-Besitzer Jerry Reinsdorf gesagt: Lass uns Freunde bleiben und diese Freundschaft nicht unnötig durch meine Arbeit als Trainer aufs Spiel setzen. D'Antoni, der kurz zuvor bei den Phoenix Suns auf die Straße gesetzt wurde, hatte zumindest einen überzeugenden Grund: New York zahlt mehr als der als knauserig verschriene Reinsdorf. Collins, der in Chicago in den achtziger Jahren rausgworfen hätte, ehe mit Phil Jackson am Ruder die Titelflut einsetzte, hätte jedoch als Trainer weit mehr verdient als in seiner gegenwärtigen Rolle als Fernsehkommentator. So läuft dann alles auf eine Verpflichtung von Avery Johnson hinaus. Der hatte schon in Dallas bewiesen, dass seine Theorien von der Beeeinflussung eines Spielerkaders so platt sind wie der Hallenboden im American Airlines Center.

Doping: Kugeln statt Kanülen

Nachbarn haben vor ein paar Tagen in der texanischen Stadt Plano gehört, dass in einem Wohnhaus in ihrem Viertel geschossen wurde. Als die Polizei kam, fand sie im Schlafzimmer zwei Leichen: die des geständigen Doping-Dealers David Jacobs, der NFL-Profis beliefert hatte, und die seiner Freundin. Was zuerst aussah wie ein Doppelmord aus Rache, wirkt nach der Obduktion von Jacobs so als habe er zuerst seine Gefährtin umgebracht und dann sich selbst. Und zwar möglicherweise sehr planvoll und in dem Versuch, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Denn zuerst gab er sich eine Kugel in den Bauch, dann in den Kopf. Über die Footballspieler, die er beliefert hat, ist wenig bekannt. Zumindest der Name von einem Offensive Lineman der Dallas Cowboys kursiert. Aber dessen Anwalt bestrietet, dass der illegal Substanzen genommen hat. Und das obwohl er im Rahmen der NFL-Dopingregeln schon einmal gesperrt wurde.

In den amerikanischen Kinos ist übrigens gerade ein sehr gut gemachter Dokumentarfilm zum Thema Anabolika angelaufen. Er heißt Bigger, Stronger, Faster und packt das Thema aus der Sicht von drei Brüdern an, die alle von der Wrestling-Kultur infiziert wurden und von denen sich zwei ohne Unterlass den Stoff geben. Die Hauptfigur, der zweitälteste der drei, versucht das Dilemma zu beschreiben und zu bewerten. Die besondere Qualität des Films besteht darin, dass er nicht versucht, die illegale Einnahme von Steroiden zu verketzern, sondern den eigenartigen Umgang der amerikanischen Gesellschaft mit dem Thema in den Griff zu bekommen. Dazu gehören Interviews mit Politikern, Wissenschaftlern und eine kuriose Begegnung mit Arnold Schwarzenegger, ein ehemaliger User und der einflussreichste Werbeträger für den fatalen Körperkult.

3. Juni 2008

Wo das Herz von Sönke Wortmann erblüht

Über die Dächer von Berlin fegt bisweilen schon mal der Wind. Aber von dort oben sieht man mehr: den Alex, den Sönke und den Dunst. Man sieht auch mehr, weil man auf einem solchen Dach natürlich viel mehr Platz hat, um gleich zwei Kameras einzusetzen (oder waren es sogar drei?) und hektisch hin- und her zu schneiden, wie das diese Stil-Epigonen vom KDD - Kriminaldauerdienst so gerne machen, weil im Drehbuch eher wenig Dialog und Action vorgegeben sind.

Aber reden wir von dem Sönke, dem Chefideologen des deutschen Fußballgemütszustands, Wunder-Tüte und Märchen-Onkel in einem. Denn den zu interviewen, einfach mal nach Strich und Faden zu interviewen, das hat etwas – über den Dächern von Berlin. Etwas Erhellendes hat es. Das ist zum Beispiel gut für das Üben von Umgangsformen. So wechseln die Gesprächspartner charmant zwischen dem vertrauten "Du" und einem sehr viel förmerlicheren "Sie", ohne auch nur den Anflug von Begründung. Vielleicht hätten Sie das auch gerne rausgeschnitten. Aber was wäre dann noch von dem Video übriggeblieben?

Denn wir lernen tatsächlich noch mehr: dass nämlich die Welt, weil sie groß ist, und dass Europa, weil es etwas kleiner ist, einen proportionalen Einfluss auf die Intensität unserer Empfindungen haben. Deshalb kann es nicht alle zwei Jahr ein Sommermärchen geben. "Der Film hieß zwar so", sagt Sönke Wortmann und streicht sich oft und sanft durch die unbändigen Haare, die der Wind so penetrant zersaust, "aber es hat natürlich ein Lebensgefühl ausgedrückt. Ich glaube nicht, dass das jetzt wiederkommen kann – in dem Maße – weil es ja nicht in Deutschland stattfindet, sondern in Österreich und der Schweiz. Es ist keine Weltmeisterschaft, sondern nur eine Europameisterschaft. Was auch schön ist, aber ist doch halt 'ne Nummer kleiner. Und das sind dann die großen Unterschiede."

Man spürt es: Dass dieses Lebensgefühl nicht wiederkommen kann, ist eine traurige Erkenntnis. Noch trauriger allerdings, weil es der Sönke sagt, der ja von nichts anderem lebt als von den wiederkommenden Lebensgefühlen. Man macht sich Sorgen um so einen. Auf was soll sich der jetzt freuen? Allen Ernstes auf solch ein Projekt, wie das, das er mit Lesern der Bild am Sonntag produziert? Vielleicht freut er sich schon ein bisschen: "Welche Videos würden Ihr Herz erquicken und erblühen lassen?" fragt der Reporter, der wohl innerlich hofft, dass ein Erblühen des Wortmann-Herzens noch ein weiteres Märchen oder gar ein Wunder produziert, ehe es irgenwann mangels neuer Themendüngung verwelkt. "Der Fantasie freien Lauf lassen, wäre mal 'ne Empfehlung", sagt der Sönke und schaut dem Reporter so nett in die Augen, dass die beiden – Du, Sie, whatever – wissen: über Dinge von einer solchen Tragweite kann sich der Genie-Darsteller so früh noch nicht verbindlich äußern.

2. Juni 2008

Welcome to Cliché Island

Es ist Euro-Zeit. Und da packen selbst die fußball-affinsten unter den Amerikanern ihre alten Klischees aus, um ihre gar nicht so abwegigen sportlichen Einschätzungen so bunt wie möglich wirken zu lassen. Zum Beispiel der Blog That's On Point über Mannschaften in der Vorrunde:

Österreich: "This is a team that's going to have to relive World War II and the Anschluss when it players its cruel older brother Germany in the final group game on June 16."

Polen: "Maybe the only thing missing from this match will be a couple Panzer tanks, though they might be useful for security. If you know anything about the year 1939, the Poles have a serious ax to grind with Germany. (FYI, German forward Lucas Podolski and Miroslav Klose are both essentially Polish with Polish parents.)"

Schweden: "This Sweden side really is like IKEA furniture. You think you're getting a bargain, you think you're getting something good, but don't be misled."

Schweiz: "All you need to know about the Swiss? They're exceedingly boring and their fans are lame. If they score more than twice it might be a surprise."

Der Blog 200percent war ebenfalls ungeheuer kreativ und kam auf diese Bezeichnung für Gruppe B: "The Group Of Schnitzel (I just thought that up, in case you were wondering)."

Nein, wir haben uns nicht darüber gewundert. Sondern uns an einen amerikanischen Cartoonisten erinnert, der aus Klischees sehr viel Feinsinniges herausgezogen hat: B. Kliban, ein Genie. Leider tot.
Mehr von Kliban gibt es hier und hier und hier.

Mehr Glauben als je zuvor

Wir erhalten seit Jahren Stück für Stück durch die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden den Nachweis serviert, dass die amerikanische Leichtathletik konsequent jede Form von fairem Wettbewerb mit Hilfe von Doping unterwandert hat. Ihre Medaillen und Rekorde und die finanziellen Erträge, die damit verbunden waren, basieren auf chemischen Hilfsmitteln. Es waren nicht die Insider, die diese Epidemie aufdeckten, sondern Leute von draußen, die skeptisch waren und sich nicht von den Lügen der Täter beeindrucken ließen.

Am Samstag wurde in New York ein neuer Weltrekord über 100 Meter aufgestellt. Von einem Mann, der so gut wie keine offiziellen Rennen über die Strecke zu Buche stehen hat (er ist 200-Meter-Spezialist). Aber alles, was die Insider produzieren, sind solche Behauptungen:

“I think we can believe these performances more than ever before,” Wittenberg said. “I think there’s a higher level of fear among agents, coaches and athletes than before, and I think that is serving us well.”


An diesem Statement von Mary Wittenberg, die als Chefin des New York Road Runners Club unter anderem für den New York Marathon verantwortlich ist, fällt die seltsame Zuversicht auf. Sie vermag den Athleten "mehr als je zuvor zu glauben". Eine solche Ansicht aus Absurdistan bedeutet, dass man, nachdem man den Lügnern von einst schon immer geglaubt hat (und hinterher eines besseren belehrt wurde), den Aktiven von heute noch mehr glauben soll. Angeblich weil das gleiche Testsystem, das die alten Vergehen nicht aufspüren konnte, so viel besser ist als früher. Tatsächlich war das Testsystem noch nie gut genug, um Leute zu fangen, die vorsichtig und mit sehr viel Präzision den Ratschlägen ihrer Berater folgten. Gefangen wurden nur die Dummen. Die Schlauen schlüpften durch das Netz und werden es auch heute noch schaffen.

Von allen guten Ghostwritern verlassen

Wie wertvoll kann ein Buch sein, dass Zinedine Zidane schreibt? Oder sagen wir besser: Dass Zinedine Zidane mit Hilfe von zahlreichen Ghostwritern verfertigt? So wertvoll, dass Einbrecher die Computer stehlen, auf denen die Ghostwriter die Manuskripte erstellen? Offensichtlich. Sonst gäbe es nicht diese bizarre Geschichte zu erzählen, die uns auf dem Umweg über Italien und SportsbyBrooks erreicht. Das Leben des 35jährigen ist nicht einfach: Eigentlich hatte man fest mit ihm in Australien gerechnet - zusammen mit den Recken der 98er WM, die dieser Tage durch die Gegend tingeln. Bis auf so ferne Inseln wie Neu-Kaledonien. Aber angeblich hat der Franzose die Faxen dick, dass Leute mit seinem Namen Geschäfte machen. Und nun ist er abgetaucht.

1. Juni 2008

Prime Time für Knochenbrecher Kimbo

Mixed Martial Arts ist am Samstag in den USA aus der intimen Welt der Insider ausgebrochen, die bislang bereits für ganz beachtliche Pay-per-View-Erfolge gesorgt hatten. Ein Promoter konnte den Networksender CBS davon überzeugen, dass die Zeit reif ist für Nahaufnahmen von gebrochenen Nasen, dick geschwollenen blutigen Augenbrauen und den O-Ton von zwei animierten Kommentatoren, die das ganz normal finden und sich freuen, wenn jemand die Schulter ausgekugelt wird.

Es war dabei völlig egal, dass es sich bei dem Live-Auftritt der unerbittlichen Schläger und Schlägerinnen nicht um die bekannteste Truppe handelte, die unter dem Namen Ultimate Fighting arbeitet, sondern um die Typen von EliteXC. Denn die Machart ist die gleiche: Genauso gefährlich für die Gesundheit der Beteiligten und genauso abstoßend. Wir haben noch keine Einschaltquoten für die Prime-Time-Übertragung aus Newark/New Jersey. Aber wenn man nach dem Echo der Printmedien geht, wo namhafte Schreiber aus dem Box-Milieu wie Joe Fernandez angefangen haben, sich mit dem Phänomen zu beschäftigen, dürfte da eine ordentliche Summe an Zuschauern neugierig geworden sein. Gegen die unmittelbare Konkurrenz von Spiel 4 des Stanley-Cup-Finals zwischen den Pittsburgh Penguins und den Detroit Red Wings (Ergebnis: 1:2) auf NBC.

Über den Star der Veranstaltung, ein Mann mit dem Kampfnamen Kimbo Slice, war vorher hinreichend geschrieben worden. Da war es nur selbstverständlich, dass auch hinterher berichtet wurde. Ich habe zwischendurch abgeschaltet. Gleich nachdem es so aussah, als könnte Slice seinem Gegner den Hals derart massiv verdrehen, dass ihm die Wirbelsäule auseinanderfliegt. Ich hatte noch nicht verdaut, was ich bei den beiden Kämpfen davor gesehen hatte.